Jugendliche der 8. Schulstufe werden durch kreatives Coaching ein Stück des Weges begleitet, um ihr Selbstvertrauen zu stärken und Vorurteilen entgegenzuwirken. Das Pilotprojekt verfolgt das Ziel die Ressourcen unterschiedlicher Kulturkreise zu erkennen. Diese sollen als Basis für eine innovative, gesundheitsfördernde und wertschätzende Zusammenarbeit dienen. Die Umsetzung erfolgte im Schuljahr 2009/10 in zwei Klagenfurter Hauptschulen.
Auftraggeber
Eigenprojekt, unterstützt durch
- den Fonds Gesundes Österreich
- die Kärntner Landesregierung
- die Privatstiftung der Kärntner Sparkasse
Projektleiterin
Dr.in Gerti Malle, Studium Pädagogik und Grundlagen der Psychologie, Kulturwissenschaftlerin, Coach, Lernprozessmoderatorin, Trainingsschwerpunkte: Diversity Management, Interkulturelle Kommunikation, DaF (Deutsch als Fremdsprache). Verschiedene Projektarbeiten mit Jugendlichen und Erwachsenen, Mehrmonatige Forschungsaufenthalte in Australien, Südamerika und Asien.
Mit den KooperationspartnerInnen:
Hauptschule St. Peter, Klagenfurt am Wörthersee
Hauptschule St. Ruprecht, Klagenfurt am Wörthersee
Der Bericht von damals im Detail:
Der erste Workshop, Interkulturelle Kommunikation – Heute, startet im Hier und Jetzt. Andere Länder und Kulturen werden kennengelernt. Vorurteile werden diskutiert und durch neugewonnenes Wissen abgebaut. Menschenfeindlichkeit in der Vergangenheit leitet über zum Herzstück, dem zweiten Workshop mit dem Schwerpunkt Holocaust.
Der zweite Workshop, Interkulturelle Kommunikation – Gestern, fokussiert die Kärntner Regionalgeschichte und Biografien von Menschen, die während dem Nationalsozialismus lebten. Die Zeitzeugin Hermine Liska (siehe Foto oben) wurde als Kind in einem Umerziehungsheim zwangsuntergebracht, weil ihre Eltern Zeugen Jehovas waren. Sie berichtet im Workshop über ihr Leben vor, während und nach dem Nationalsozialismus. Ihre Botschaft an die Jugend von heute ist: „Glaubt nicht jedem und allem. Hinterfragt Dinge, die ihr hört und verurteilt nicht sofort. Getraut euch „anders“ zu sein, wenn dies eure Überzeugung ist und lasst euch nicht vom Gruppenzwang überrumpeln. Nicht alles was als Freiheit verkauft wird, ist auch Freiheit….“
Die Frage „Was lernen wir aus dem Gestern und wie können wir es besser machen?“ leitet den dritten Workshop ein: Interkulturelle Kommunikation – Morgen, hier werden neue Problemlösungsmöglichkeiten ausprobiert. Förderung des Selbstvertrauens und Empowerment durch Diskussionen und sportliche Aktivitäten stehen im Mittelpunkt.
Das Projekt legt großen Wert auf eine gesundheitsfördernde Lernumgebung. Drei wichtige Bereiche fließen deshalb in die Workshops ein: Bewegung durch Spiele, Sport und Theater, Ernährung durch eine gesunde Jause sowie seelisches und soziales Wohlbefinden durch Lachen, wertschätzende Kommunikation und Diskussionsrunden. Begleitend zu den Workshops gibt es auf Wunsch Einzelcoaching für das Lehrpersonal mit dem Fokus Ressourcenarbeit und Empowerment. Coaching wirkt sich nachhaltig auf weitere Klassen aus, da sich aufgrund neuer Interventionen der LehrerInnen das System verändert.
Die Ergebnisse dieses Projektes werden in einem Abschlussbericht zusammengefasst und bei der Gestaltung weiterer Workshops berücksichtigt. Ziel ist es die Workshops in Kombination mit Coaching 2010 in Klagenfurt und 2011 in den Bezirksstädten anzubieten.
Projektstart mit Zwischenbericht
Die Eröffnung des Pilotprojektes „Interkulturelle Kommunikation: Heute – Gestern – Morgen“ fand im Mai 2010in der NMS St. Ruprecht (4b, 4c) und in der NMS St. Peter (4a, 4c) statt.
Bei diesem Workshop wurden die Jugendlichen über die Ziele und den Ablauf des Projektes informiert. Anhand des Eisbergmodells erarbeitete die Projektleiterin Dr.in Gerti Malle mit den SchülerInnen die sichtbaren und unsichtbaren Bereiche der Kultur. Dabei stellten die Jugendlichen fest, dass sie in vielen Fällen aufgrund sichtbarer Verhaltensweisen urteilen, also nur die Spitze des Eisberges wahrnehmen.
Die unsichtbaren Bereiche alles was unter der Wasseroberfläche ist, damit sind Werte und Denkweisen gemeint, werden kaum beachtet bzw. sind häufig nicht bekannt. Die SchülerInnen schlussfolgerten, dass wenn nur die Spitze des Eisberges betrachtet wird, es zu Vorurteilen kommen kann.
Anschließend wurden verschiedene Begrüßungsrituale von den SchülerInnen ausprobiert. Jede Person erhielt schriftlich die Beschreibung einer Begrüßung und zeigte diese der Klasse, die das passende Land erraten musste. So lernten die SchülerInnen eine große Vielfalt an Begrüßungsritualen kennen. Manche dieser Rituale könnten auch zu Missverständnissen führen, weil sie in Österreich eine andere Bedeutung haben. Hier ist es dann wichtig den unteren Teil des Eisberges zu betrachten und die Denkweise und Werte der Kultur zu berücksichtigen. Jugendliche mit Migrationshintergrund zeigten ihre Begrüßungsrituale, es kam zum Wissenstransfer mit viel Humor und Spaß.
Abschließend erhielten die Jugendlichen einen Informationsbrief über das Projekt für die Eltern und eine Einladung zum gemeinsamen Kochworkshop. Damit der kulturelle Aspekt einfließen kann und Lust auf etwas Neues geweckt wird, wurde die Thailändische Küche gewählt. Ziel des Kochworkshops ist es Kultur im Heute mit allen Sinnen zu erleben.
Interkulturelle Kommunikation: Heute
Watthana Bergner ursprünglich aus Kambodscha, die als kleines Kind in ein buddhistisches Kloster nach Thailand kam, erzählte über „Die Geheimnisse der traditionellen Thai – Küche“. Der Workshop startete mit einer Vorstellungsrunde. Danach erzählte Watthana von ihrer Zeit aus Thailand. Sie berichtete, dass sie und ihre zwölf Geschwister aufgrund der politischen Unruhen, Kambodscha verlassen mussten. Dadurch überlebten sie diese Zeit, ihre Eltern jedoch nicht. Die Jugendlichen hörten aufmerksam den Erzählungen zu. Ein Mädchen sagte betroffen, dass sie nicht wusste, dass es noch Krieg auf der Welt gibt.
Watthana erzählte über ihr Leben im Kloster, ihre Ausbildung und ihre Arbeit. Außerdem berichtete sie von den Tischsitten und den Begrüßungsritualen in Thailand. Daraufhin versuchten die Jugendlichen die Thai-Begrüßung nachzumachen. Danach erhielten die SchülerInnen das Rezept, welches vorwiegend aus Bildern bestand. Die Zutaten wurden besprochen und in welchen Bereichen diese gesundheitsfördernd sind.
Watthana zeigte die einzelnen Schritte z.B. das Schneiden des Gemüses, Braten von Tofu usw. Die Jugendlichen beobachteten aufmerksam den Prozess.
Danach wurde die Theorie in die Praxis umgesetzt. Jede Person kochte auf dem zugeteilten Kochplatz und setzte die Schritte um. Große Gruppen arbeiteten in zweier oder dreier Teams.
Die Jugendlichen waren motiviert, sie blieben bei ihrer Arbeit, lasen das Rezept, fragten nach und unterstützten sich gegenseitig. Es herrschte eine anregende und lustige Stimmung in der Küche, es wurde gelacht und fleißig gearbeitet.
Nach dem Kochen wurde gemeinsam gegessen. Der Großteil der Jugendlichen aß mit Stäbchen, für viele war es das erste Mal. Nach dem Essen wurde gemeinsam die Küche geputzt.
Anschließend bekamen die Jugendlichen ein Forschungstagebuch. Sie sollten sich über folgende Fragen Gedanken machen und die Ergebnisse aufschreiben:
- Was habe ich über Kultur gelernt? Manche Jugendliche erinnerten sich an den Eisberg und zeichneten diesen in das Buch.
- Was habe ich von Hermine Liska gelernt? Bereits im Herbst war die Zeitzeugin, Hermine Liska, in den Klassen zu Gast und berichtete über die NS-Zeit in Kärnten, eine Kultur aus dem Gestern.
- Schreibe „Hallo“ und „Danke“ in fünf Sprachen. Die Jugendlichen teilten ihr Wissen mit der Gruppe. Gemeinsam erarbeiteten sie sich die Wörter.
Die Jugendlichen wurden motiviert das Buch mit ihren Gedanken und Erfahrungen zum Thema Kultur immer wieder zu ergänzen. Das Forschungstagebuch soll zur Nachhaltigkeit beitragen und wird auch bei den nächsten Workshops verwendet.
Abschließend tanzte Watthana mit den SchülerInnen einen thailändischen Tanz.
Unser Schul-Pilotprojekt zu Interkultureller Kommunikation unter der Leitung von Dr.in Gerti Malle war ein großer Erfolg. Sowohl die Schüler und Schülerinnen als auch wir haben viel gelernt und wir wünschen uns noch viele Nachfolgeprojekte.